Wüstenhitze statt Ozeane: Bisher dachte man, dass die Venus einst lebensfreundlich war wie die Erde – und sogar Ozeane besaß. Doch neue Analysen widerlegen dies nun. Demnach war die Venus schon von Beginn an viel zu heiß und trocken, um jemals flüssiges Wasser auf ihrer Oberfläche zu haben, wie Planetenforscher in „Nature Astronomy“ berichten. Das wirft auch ein neues Licht auf Exoplaneten am Innenrand der habitablen Zone.
Die Venus gilt als „Zwilling“ der Erde: Sie ist etwa gleich groß, ihr Inneres ist ähnlich aufgebaut und sie besitzt Vulkane, Wolken und eine Atmosphäre. Doch damit enden die Parallelen. Denn unser innerer Nachbarplanet ist heute eine lebensfeindliche Hitzehölle mit Temperaturen über 400 Grad. Aber war dies schon immer so? Genau darüber herrscht bisher Uneinigkeit unter Planetenforschern.
Mild oder heiß?
„Es gibt zwei gegensätzliche Sichtweisen zur Geschichte der Venus: In einem Szenario hatte sie über Milliarden Jahre hinweg ein mildes Klima und flüssiges Wasser auf ihrer Oberfläche“, erklären Tereza Constantinou von der University of Cambridge und ihre Kollegen. Die junge Venus könnte demnach sogar Ozeane besessen haben, bis ein galoppierender Treibhauseffekt durch die erstarkende Sonne das Wasser verdampfen und größtenteils in den Weltraum entweichen ließ.
Doch im zweiten Szenario war die Venus schon von Beginn an eine trockene, lebensfeindliche Hitzehölle. „Nach diesem trocknete die Venus schon früh in ihrer Entwicklung aus, weil der Magmaozean nur langsam über rund 100 Millionen Jahre hinweg erstarrte“, erklärt das Team. Dadurch verdampfte das im Gestein gebundenen Wasser schon früh und bildete eine dichte Wasserdampfhülle, die ihren Wasserstoff schnell an den Weltraum verlor.
Venusvulkane als Fenster ins Innere
Aber welches Szenario stimmt? Dieser Frage sind Constantinou und ihr Team mit einem neuen Ansatz nachgegangen. Sie haben untersucht, wie trocken oder feucht das Innere der Venus heute noch ist. „Wenn die Venus nach ihrer Magmaozeanphase noch reichlich Wasser behalten hat, dann müsste der Großteil dieses Wassers noch heute in ihrem Inneren präsent sein“, erklären die Forschenden. Hatte die Venus hingegen eine hieße, trockene Frühgeschichte, müsste ihr Inneres wasserstoff- und wasserarm sein.
Eine mögliche Antwort auf diese Frage hat das Team in den Venusvulkanen gesucht. Diese emittieren aus tieferen Schichten stammende Gase, darunter Wasserdampf, Schwefelverbindungen und Kohlendioxid. Wenn das Venusinnere wasserreich ist, müssten die Vulkangase dies widerspiegeln. Daher rekonstruierten Constantinou und ihr Team mithilfe eines geochemischen Modells die Venusatmosphäre und ermittelten, wie viele und welche Ausgasungen nötig sind, um diese in der aktuellen Zusammensetzung zu halten. Indirekt konnten sie so ermitteln, wie die Vulkanemissionen zusammengesetzt sind.
Kaum Wasser im Inneren
Das Ergebnis: „Die Vulkangase der Venus enthalten maximal sechs Prozent Wasser“, berichten die Forschenden. „Im Vergleich zu den irdischen Vulkangasen, die rund 96 Prozent molaren Wassergehalt aufweisen, ist dies substanziell trockener. Dieser beträchtliche Unterschied deutet darauf hin, dass dem Venusmagma H2O fehlt und es stattdessen reich an Schwefel und Kohlenstoff ist.“ Mit anderen Worten: Das Innere der Venus ist ähnlich trocken wie ihre Oberfläche.
Dieses Resultat spricht gegen eine wasserreiche, milde Vergangenheit unseres Nachbarplaneten. „Ein trockenes Inneres der Venus passt nicht zu einstigen Ozeanen und einem klassisch habitablen Klima“, schreiben Constantinou und ihre Kollegen. Sie gehen daher davon aus, dass das Szenario einer von Beginn an heißen Venus eher zutrifft als das eines frühen, lebensfreundlichen Erdzwillings. „Das ist ein wenig traurig, denn wir hätten gerne festgestellt, dass die Venus einst unserem Planeten ähnlich war“, sagt Constantinou.
Bedeutsam auch für Exoplaneten
Die neuen Ergebnisse werfen aber nicht nur neues Licht auf die Venusvergangenheit, sie sind auch für die Erforschung von Exoplaneten hilfreich, wie das Team erklärt. Denn die Venus liegt nahe an der inneren Grenze der habitablen Zone, ähnlich wie auch einige Planeten um andere Sterne. Zu wissen, wie sich ein solcher Planet entwickelt, kann daher helfen einzuschätzen, ob er trotzdem lebensfreundlich sein kann oder nicht.
„Wenn die Venus niemals habitabel war, dann macht dies auch venusähnliche Planeten anderswo weniger plausible Kandidaten für lebensfreundliche Bedingungen oder außerirdisches Leben“, erklärt Constantinou. Ob die Resultate zum trockenen Inneren der Venus stimmen, könnte die für 2029 geplante NASA-Mission DAVINCI überprüfen. Sie soll mithilfe eines Orbiters und einer Landesonde mehr Daten zur Chemie der Venus liefern. (Nature Astronomy, 2024; doi: 10.1038/s41550-024-02414-5)
Quelle: University of Cambridge